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Meine Reise nach Santa Susanna

Die Idee

Und dann war es wieder soweit – es war mal wieder Oktober (2015). Eigentlich keine Besonderheit, denkt ihr? Zu dieser Zeit hatte ich meinen ersten Monat in Potsdam fast geschafft, die eine oder andere kleine oder größere Schwierigkeit gab es hier noch zu bewältigen. Und gerade aus diesem Grund, weil ich mich hier noch nicht so ganz heimisch fühlte, war ich sehr erfreut, als an einem Freitag im Oktober zu Hause ein Stück Heimat im Briefkasten auf mich wartete. Hier wusste, ich woran ich war. Es würde ein toller nächster Sommer werden, davon war ich ab diesem Moment fest überzeugt. Ab dem Moment, in dem mir meine Mama den neuen YAT-Katalog auf den Schreibtisch legte.

Ich kann absolut verstehen, wenn ihr meine Euphorie nicht nachvollziehen könnt und mich jetzt vielleicht für ein wenig bescheuert haltet. Doch mittlerweile war ich drei Mal mit YAT-Reisen unterwegs gewesen, in Berlin (2012/2013), in Barcelona (2014) und in Kempten (2015).


Auf all diesen Reisen habe ich viele tolle und einmalige Dinge gesehen und erlebt, tolle Freunde gefunden und vor allem fühlte ich mich während dieser Trips immer so selbstbestimmt wie nirgendwo anders! In meinen kommenden Berichten, auch von früheren YAT-Reisen, werde ich das Unternehmen auch etwas genauer vorstellen. Jetzt nur die Kurzfassung in ein paar Sätzen. Also: Was ist YAT-Reisen? YAT ist ein Reiseunternehmen aus Paderborn, welches Reisen für Menschen mit verschiedensten Einschränkungen organisiert. Der Anbieter arbeitet eng mit dem Freizeit ohne Barrieren e.V. zusammen, hier werden junge Mensche zu Assistenzen geschult, sie begleiten dann die Reisen von YAT, sozusagen als Ferienjob oder Ähnliches. Dieses System ist für mich so toll und einmalig, da man in den meisten Fällen mit seinen Begleitern total auf einer Wellenlänge ist und während beziehungsweise nach den Reisen keine Begleiter, sondern gute Freunde bleiben.

Aus diesem Grund war ziemlich klar, dass ich auch für das nächste Jahr eine Reise buchen würde. Wie kam ich nun auf Santa Susanna? Nachdem ich vor zwei Monaten mit meinem besten Freund Paul eine Busreise nach Kempten unternommen hatte, schwor ich mir, nicht mehr in den Urlaub zu fahren, ich wollte fliegen. Auch wenn ich diesen Schwur ziemlich kurze Zeit später gebrochen habe, sollte es dieses Mal eine Flugreise werden. Wenn ihr weiter lest, werdet ihr aber feststellen, dass auch das nicht nur Vorteile hat.

Aber ich greife zu weit vor. Ging ich also nach dem Kriterium “Flugreise” blieben nur noch Barcelona oder Santa Susanna übrig. Die Reise nach Barcelona hatte ich bereits vor zwei Jahren schon unternommen und ich wusste von Frederik, einem guten Freund von mir, dass er in Santa Susanna bereits schon einmal viel Spaß hatte. Er sollte auf jeden Fall mitkommen, Paul auch. Nach seiner ersten Reise im letzten Jahr, war er mindestens genau so angetan wie ich.

So war das Wichtigste geklärt, wenige Tage nach unserem gemeinsamen Entschluss ging auch schon die Buchung raus. Doch so schnell wie ich es jetzt beschrieben habe, ging es doch nicht. Im Oktober 2015 erhielten wir den Katalog, im Januar 2016 wurde gebucht. Ihr solltet mindestens fünf Monate früher buchen, damit alles gut nach Plan verläuft! Diese Reisen sind oft sehr schnell ausgebucht. Für uns hieß es jetzt nur noch warten, auf den Beginn eines hoffentlich tollen Urlaubs.


Tag 1 (09.07.2016)

Heute ging es endlich nach Spanien, ich war aufgeregt und sehr erfreut, doch auf keinen Fall nervös. Elena, meine Assistenz, wirkte am Telefon sehr kompetent und cool. Bei ihr durchfuhr mich sofort ein gutes Gefühl, wir würden ganz bestimmt auf der gleichen Ebene agieren!


Gegen 08:00 Uhr saßen wir dann alle im Auto, auf dem Weg zum Frankfurter Flughafen. Paul würde von Hannover aus fliegen, Freddy von Düsseldorf. Das war ein bisschen schade aber immerhin hatte ich den Direktflug erwischt und musste nicht noch einmal in Zürich umsteigen. 100 Punkte für den Kandidaten! Wobei, eigentlich nicht aber dazu komme ich noch.


Nach guten drei Stunden erreichten wir Frankfurt und seinen Flughafen, die Fahrt zog sich ziemlich und ich war froh, dass das nähste Verkehrsmittel, in welches ich einsteigen würde, ein Flugzeug war.

Einen Parkplatz bucht man im Voraus zum Flug dazu. Diese Maßnahme ist auch absolut notwendig, da es hier mehrere große Parkhäuser gibt.

Das Auto stand sicher, nun war da aber schon das nächste Problem: Im Begleitheft von YAT fanden wir nur die Angabe, der Treffpunkt sei der Informationspoint am Terminal 1. Hier gab es aber nicht nur Nummern sondern auch noch verschiedene Buchstaben, so dass Terminal 1 nicht nur eine Information hatte. Amüsanter Weise trafen wir Rollstuhlfahrer uns alle im Laufe der Zeit, schon aufgrund der Fahrstuhlsituation. Jetzt fehlten uns nur noch unsere Assistenten Elena und Jonas. Schlussendlich telefonierte ich uns dann zusammen und alles war gut.


Ein Mitarbeiter des Teams, was an Flughäfen ausschließlich für die Beförderung eingeschränkter Menschen zuständig ist, brachte uns in eine Art Warteraum, in dem es wirklich leckere Kekse und leckeren Kaffee gab. Kostenlos. Und vor allem war hier die letzte gute Toilette vor dem Flug. Vorher erfolgte aber noch der Check In, der bei YAT-Reisen direkt am Flughafen geschieht. Aus diesem Grund solltet ihr eure Ausweise bereithalten.

Nachdem wir die letzten Fragen geklärt hatten, verabschiedeten wir uns von unseren Eltern. Meine würden in zwei Stunden auch direkt in den Urlaub fliegen. Nun war für uns die Zeit gekommen, sich gegenseitig kennenzulernen und ich muss sagen, mir gefiel, was ich hier so sah. Das würde ein guter Urlaub werden.


Uns war nicht klar, ob wir bei einer Flugzeit von nicht mal zwei Stunden etwas zu essen bekommen würden und wann es Abendessen im Hotel geben würde, war auch ungewiss. Aus diesem Grund stopften wir uns alle noch ein paar Tütchen Knabbergebäck und Kekse in die Taschen, ist ja schließlich kostenlos.


Die Kontrolle am Flughafen ging relativ unkompliziert von statten. Getränke konnte ich dieses Mal nicht mit in die Maschine schmuggeln, aber das war nicht so wild. Wir würden mit Lufthansa fliegen, welch´ ein Luxus, und dort gab es mit Sicherheit Getränke umsonst.

Und nun ging es auch schon ans “Verladen”. In unseren Rollstühlen konnten wir noch bis zum Gate sitzen bleiben. Auch jetzt waren wir in ständiger Begleitung von Personal, dieses half uns dann auch beim Transfer auf den speziellen, schmalen Flugzeugrollstuhl, mit dem ich mittlerweile schon einige Erfahrungen hatte. Der Flughafen Frankfurt war bereits modernisiert, und so musste man nicht, wie bei uns in Leipzig, Treppen hoch uns Flugzeug hoch gewuchtet werden, sondern es gab einen Hublift und somit auch einen ebenerdigen Einstieg.


Durch den schmalen Stuhl ist es dann auch egal, in welcher Reise man sitzt. Prinzipiell ist hiermit auch ein Toilettengang möglich, das ist aber vorher abzusprechen. Ich würde es auch nicht zwangsläufig ausprobieren wollen!

Der Flug verlief ganz entspannt: Wir aßen gar nicht mal so schlechte Sandwiches und tranken Cola. Jonas hatte ein paar Folgen der Kultserie The Big Bang Theory auf seinem Tablet, mit denen wir uns die Zeit vertrieben. Die Reihen hinter uns übrigens auch, es war sehr amüsant anzusehen, wie sie alle auf den kleinen Bildschirm starrten. Und natürlich redeten wir viel miteinander. Ich war sehr erfreut und jetzt schon total entspannt, das würde gut werden!


Doch meine Entspannung verwandelte sich kurz nach unserer Landung in Anspannung, denn wir bekamen mit, wie sich das Personal an Board über einen Streik der Mitarbeiter des Flughafens, hier in Barcelona, unterhielten. Zunächst nahm ich das nicht Ernst und versuchte darüber hinweg zu hören.

Das “Ausladen” aus dem Flugzeug funktionierte gut. Vom Flugrollstuhl ging es auf den Autositz in einem unwahrscheinlich großen Transporter, wo wir nach und nach unsere Rollstühle wiederbekamen. Der Transporter fuhr uns von der Landebahn direkt zum Eingang des Flughafens.


Beim Aussteigen merkten wir es dann: Es war wunderschön warm, blauer Himmel. Spanien hatte heute einen guten Tag! Doch die Euphorie hielt nicht lange an, denn als wir am Gepäckband ankamen, mussten wir feststellen, dass aufgrund eines Streiks auf dem Flughafen unsere Koffer nicht ausgeladen wurden und wieder zurück nach Frankfurt geschickt wurden. Das war zunächst ein Schock für uns! Es half kein Verhandeln. Man sagte uns, es könne zwischen zwei und 14 Tagen dauern.


Um 18:00 Uhr waren wir immer noch nicht weitergekommen, das erste Taxi war mit einer zweiten YAT-Reisegruppe bereits weg. Wir hatten keine Lust mehr! Tatsache war, heute würde wegen der Koffer nichts mehr passieren.


Gegen 20:00 Uhr waren dann auch endlich wir im Hotel Aquamarina. Die Hotelanlage mit Pool, Animationsprogramm und übertrieben gutem Essen, machte die Strapazen der letzten Stunden wieder wett. An unserem Zimmer war sogar noch ein Balkon, den man ebenerdig “betreten” konnte. Allerdings nutzten wir diesen so gut wie nicht, da wir unten mit unseren Freunden geräumigere Möglichkeiten hatten. Das Zimmer war schön und bot einen tollen Ausblick, Abstriche mussten wir bei der Größe des Badezimmers machen. Außerdem war der eingebaute Duschsitz eine kleine Katastrophe. Für mich war Duschen hier fast nur mit zwei anderen Personen möglich.


Nach der Vorstellungsrunde und einem Sangria, gingen einige noch über die, mit Touristen übervolle, Promenade, andere vielen halbtot ins Bett. Was für ein Tag. Hier würde es mir gefallen.


Tag 2 (10.07.2016)

Wir waren viel zu früh aufgestanden. Das Frühstück war, genau wie das Abendessen gestern, ziemlich hochwertig und lecker. Da unsere Koffer immer noch nicht aufgetaucht waren, hieß es heute für einige einkaufen. Ich hasse Kauf auf Zwang! Zum Glück war das Einkaufszentrum nicht zu weit entfernt, so dass wir schnell wieder zurück waren. Bikinis, Badehosen, ein paar T-Shirts und Hosen waren erbeutet und so konnte es mit dem Urlaub weitergehen.

Den restlichen Tag verbrachten wir am und im Pool. Sehr schön war es hier, nur leider verfügte der Pool nicht über einen Lifter oder Ähnliches.

Am Nachmittag aßen wir Burger in einem der nahe gelegenen Restaurants. Hier mussten wir die Erfahrung machen, dass man Salat in Spanien extra bestellen muss. Und so bestand unser Burger nur aus Brötchen, Fleisch, Käse und Ketchup.

Abends sahen einige noch das Fußball EM-Finale an, andere bestaunten die Animationen des Hotels und wieder andere spielten Karten in gemütlicher Runde.

Tag 3 (11.07.2016)

Heute blieben wir lange im Bett, badeten im Pool, der eine oder andere von uns nahm an der Wassergymnastik teil. Abends tranken wir im Hotel Sangria und sahen bei einer Gruselshow zu.


Tag 4 (12.07.2016)

Mit dem Regionalzug fuhren wir nach Calella, hier gab es einen barrierefreien Strandzugang. Um in den Zug zu gelangen, war allerdings Hilfe nötig. Schwache Leistung! Hier, in Calella, ließ es sich gut aushalten. Mit speziellen Strandrollstühlen konnten wir uns in die Wellen stürzen. Abends gönnten wir uns auf der Promenade einen Cocktail. High life!


Tag 5 (13.07.2016)

Heute Vormittag waren wir auf dem Wochenmarkt in Santa Susanna uns probierten eine spanische Spezialität, Churros. Danach begaben wir uns wieder an den Pool und gingen direkt von dort, einige Stunden später, Eis essen. Vor unserer Haustür befand sich ebenfalls ein Strandzugang, dieser war allerdings nur über einen steilen Weg zu erreichen. Einige von uns entspannten hier trotzdem. Den Tag ließen wir mit einem gemütlichen Spieleabend ausklingen.


Tag 6 (14.07.2016)

Ab in den Regio: Heute stand ein Tagesausflug nach Barcelona an. Auch wenn ich schon mal dort war, freute ich mich riesig!

Mit einem rollstuhlgerechten Bus und einer sehr netten Touristenführerin aus Deutschland, die nun in Barcelona lebte, fuhren wir durch die beeindruckende Stadt, geprägt vom Architekten Gaudí.

Danach gab es eine Toilettenpause im Hard Rock Café, einige von uns besuchten die Sagrada Família.

Am Ende des Tages aßen wir vortrefflich im Les Quinze Nits. Das Wetter erlaubte sogar, dass wir draußen, auf einem wunderschönen Platz, sitzen konnten.

Noch ein Highlight an diesem Tag: Es waren jetzt alle Koffer wieder da!


Tag 7 (15.07.2016)

Heute gönnten wir uns mal wieder einen entspannten Tag: spät aufstehen, im Pool schwimmen und am Abend ins Getümmel stürzen. Auch eine nächtliche Fahrt mit dem Autoscooter ließen wir uns nicht nehmen. Früh um 2 gab es dann auch noch einen Crêpe.


Tag 8 (16.07.2016)

Barcelona ist schön, deswegen fuhren wir heute gleich noch einmal hin. Unter anderem besuchten wir die berühmte La Rambla. Da uns das Essen vor zwei Tagen so sehr zugesagt hatte, gingen wir heute als große Gruppe in dieses Restaurant, welches im Übrigen auch über eine barrierefreie Toilette verfügt. Beim Souvenirs shoppen, lag ich auf einmal auf dem Boden. Tja, mindestens einmal umkippen ist Pflicht!!!


Tag 9 (17.07.2016)

Wir sehnten uns nach Calella uns unserem Strand. Nach dem Schwimmen aßen wir Pizza an einer nahe gelegenen Bude und ließen uns noch einmal komplett fallen.

Abends landeten wir in einer Strandbar, nachdem der Versuch, eine Disco zu finden, scheiterte. Doch sogar hier gab es gute Sanitäranlagen.


Tag 9 (18.07.2016)

Nachdem wir den ganzen Tag am Strand in Calella gelegen hatten, wurden noch Bilder mit unseren YAT-Shirts. Abends ging es in eine richtige Disco. Jetzt lohnte es sich auch nicht mehr ins Bett zu gehen und so wurde das eine sehr lange und lustige Nacht bei Partymusik.


Tag 10 (19.09.2016)

Diese Art von Abschieden fällt mir immer besonders schwer und ja, auch früh halb sechs kann man schon weinen. Wir waren ein unglaublich tolles Team und was wir uns jetzt wünschten, war noch einmal ein Urlaub, genau in dieser Konstellation. Good Bye, Santa Susanna!

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