Ein paar Monate vor meinem ersten Tauchgang lernte ich Henning Fahrenholz kennen, der mir von der von ihm und seiner Partnerin geführten Tauchakademie von www.el-alma-rie.com auf Teneriffa erzählte. Zusätzlich berichtete er mir von seinem Herzensprojekt, dass er in der nächsten Zeit gerne umsetzen wollte und wofür er auch noch interessante Menschen zum Mitplanen und Mitreisen suchte. Einer Reise rund ums Tauchen, Inklusion, Genuss und Kultur. Als Kauffrau für Tourismus und Freizeit ging mir bei seinen Worten natürlich das Herz auf!
Einige Monate später würde er nach Potsdam kommen. Noch ahnte ich nicht, was mich hier erwartete, geschweige denn, dass ich tatsächlich einmal tauchen gehen würde. Als wir uns dann trafen, verstanden wir uns schon nach kurzer Zeit super und schon bald entstanden die ersten Ideen und Visionen in meinem Kopf. Gut möglich, dass wir und unsere Einfälle verrückt waren, doch wir waren durchaus überzeugt und optimistisch. An diesem Abend scherzte Henning, ich solle ihn doch einmal auf Teneriffa besuchen kommen und tauchen „gehen“.
Wie ihr euch sicher denken könnt, wurde aus dieser Schnapsidee bald purer Ernst. Gemeinsam mit meiner Mutter buchte ich im Juli dann, relativ spontan, acht Tage Teneriffa. Nach den letzten Monaten voller Stress und unnötiger Auseinandersetzungen hatten wir beide uns das wirklich verdient.
Mitte August saßen wir dann im Flugzeug, auf dem Weg in das Urlaubsparadies für, meiner Meinung nach, viel zu viele Deutsche. Meine Intention für diese Reise war es, ihnen bei der Projektplanung zu helfen. Ans Tauchen dachte ich zunächst nicht.
Nachdem wir dann aber ein paar Tage auf Teneriffa verbracht hatten und, auch gemeinsam mit Henning, unglaublich tolle Momente, wie z.B. unsere Tour mit dem Berlingo über beinahe die gesamte Insel, erlebten, musste ich einsehen, dass ich wohl keine Chance hatte, ihm zu widersprechen. Der Tauchkurs war also ein fest eingeplanter Bestandteil unserer Reise!
Falls man als Rollstuhlfahrer weiche Knie bekommen kann, bekam ich diese definitiv, als der große Tag dann angebrochen war. Doch eine andere Seite von mir konnte es kaum fassen und war unglaublich glücklich und stolz. Ich würde die erste aus meinem „rollenden Freundeskreis“ sein, die das hier tun würde. Ein verdammt gutes Gefühl!
Wie auch schon zu unserer Inseltour holte uns Henning gegen 10:00 Uhr vom Hotel ab. Was für ein Service! Doch diesmal war er nicht allein. Petra, die unter anderem Körperpsychotherapeutin ist und ein Teil meines „Tauchteams“ darstellen würde, erschien mir sofort sympathisch.
Der Grundkurs sollte im „T3 – Teneriffa Top Training“ stattfinden. Hier trainieren Spitzensportler in Sportarten wie z.B. Schwimmen, Fußball, Tennis, Laufen und Tauchen. Eine beeindruckende Anlage und zu 100% rollstuhlgerecht! Hier wird unter anderem auch für die Paralympics trainiert. All das und noch viel mehr passiert hier und doch hatten wir das gesamte Areal, aufgrund des höchsten kanarischen Feiertages des Jahres, heute fast für uns alleine.
Nach einem Eiskaffee, der meine Nerven erheblich beruhigte, sollte es dann tatsächlich losgehen. In diesem Moment hielt ich mich selbst für völlig irre.
Zuerst holten wir die Tauchausrüstung: Jackets, Neoprenanzüge, Schuhe, frisch befüllte Sauerstoffflaschen und Lungenautomaten. Für „die Läufer“ gab es natürlich auch noch Flossen.
Henning und Petra verbanden das ganze Equipment in Höchstgeschwindigkeit und dann war ich auch schon, wenige Zeit später, umgezogen im Pool. Jetzt wurde es Ernst!
Nur zum Verständnis: Ich kann nicht schwimmen! Umso erstaunlicher und absurder war die Idee, einen Tauchkurs zu machen. Doch für´s Handicap-Tauchen ist das tatsächlich keine Voraussetzung.
Fast der gesamte Grundkurs befasst sich mit dem wichtigsten Element des Tauchens: Der Atmung. Die Umstellung von Nasen- auf Mundatmung fiel mir erstaunlicher Weise nicht so schwer wie gedacht. Erstaunlich deshalb, da man bei mir als Spastiker weder von einer besonders kräftigen Lunge, noch von einer besonders tiefen Atmung sprechen kann. Im Vorfeld erklärte uns Henning, dass das Tauchen nicht nur Spaß mache und eine unglaubliche Erfahrung sei, sondern auch einen positiven Effekt auf Atmung und Aussprache haben soll.
Mit Henning hinter mir und Petra vor mir, fühlte ich mich nach kurzen Anfangsschwierigkeiten wirklich sehr sicher. Wie gesagt, ich kann wirklich nicht schwimmen!
Das erste Mal unter Wasser gehen, unter Wasser atmen und einfach nur zu atmen und dabei die absolute Ruhe zu genießen – ein unglaubliches Gefühl!
An was ich in dieser vollkommenen Stille dachte? Ich dachte daran, wie stolz ich doch sei, das hier durchgezogen zu haben. Und dann dachte ich an all die tollen Menschen, die mich immer unterstützt haben und das auch weiterhin immer tun werden, egal wie schwer die Zeiten auch werden würden – zu allererst natürlich meine Familie, aber auch meine tollen Freunde, die ich während meiner Schulzeit aber auch während meiner Zeit jetzt in Potsdam kennenlernen durfte. All die tollen Erlebnisse, die ich durchlebt hatte, gerade mit dieser Taucherfahrung durchlebte und noch durchleben würde, waren stärker als jeder Schmerz, jedes Leid, jede unnötige Diskussion und jede Abhängigkeit. Ich war überglücklich!
Als ich dann auch noch meiner Mutter diese tolle Erfahrung eines Tauchgangs in diesem leicht gesalzenen, völlig reinen Wasser ermöglichen konnte und sie vor Freude strahlend wieder auftauchte, war mein Glück vollkommen. Alles ist gut!
Der Grundstein war nun gelegt. Ich hoffe sehr, in nicht allzu ferner Zukunft, gemeinsam mit Henning und Petra, im Meer tauchen gehen zu können und tolle Tiere zu sehen.
Leute, ich danke euch vielmals, dass ihr mir diese unglaubliche Erfahrung ermöglicht habt. Das Leben bietet wohl tatsächlich viel mehr Möglichkeiten, als wir denken und wahrscheinlich spielt eine Einschränkung, wie stark sie auch sein mag, gar keine Rolle. Es geht um den Menschen, seine Motivation und Willensstärke. Sieh auch Du, was alles möglich ist, teste all deine Grenzen aus und sei glücklich!
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