Lollapalooza 2018 in Kooperation mit dem Barrierefreien Festival e.V.
Wie alles begann …
Wie sagt man so schön: „Ein kleiner Stein kann manchmal eine Lawine ins Rollen bringen.“ Dieses Sprichwort ist in unserem Fall sicher nicht ganz zutreffend und bestimmt auch etwas übertrieben, jedoch blieb bei uns nach dem Gespräch mit Domi vom Verein Barrierefreies Festival e.V. ein solches Gefühl zurück. Hier begann gerade etwas ganz Großes! Doch wie immer greife ich zu weit vor …
Nach dem Kosmonaut Festival im Juni dieses Jahres hatten wir neue Bekanntschaften gemacht und für uns neue Möglichkeiten entdeckt. Schließlich war es für uns, im Vergleich zu vorigen Festivals, unglaublich komfortabel, nicht im Zelt, sondern in den Räumlichkeiten der CoWerk Familienunterstützung schlafen zu können. Der Verein Barrierefreies Festival e.V., welcher all das organsiert hatte, war uns bislang allerdings unbekannt gewesen. Zu unserem Erstaunen (und Bedauern zugleich) nutze das Angebot dieser tollen Schlafmöglichkeit, außer uns, niemand. Für uns war ganz klar: Das musste sich ändern!
Wir blieben also in Kontakt. Etwa einen Monat später kam Domi auf uns zu, sie wollte uns einmal richtig kennenlernen. Also vereinbarten wir ein Treffen in Eisleben. Hier verbrachtem wir ein paar Tage unseres Jahresurlaubes.
Schon nachdem wir die ersten Worte gewechselt hatten, merkten wir, dass wir auf absolut der gleichen Wellenlänge waren. Wir tauschten gemeinsame Ideen und Visionen aus. Oft waren Lösungen für Probleme rundum Teilhabe und ein gesundes Miteinander so einfach und nahelegend, dessen waren wir uns sicher. Es tat gut, einmal wieder so ein gutes Gespräch zu führen!
Doch neben großen Zukunftsplänen, beschlossen wir an diesem Tag auch etwas ganz Pragmatisches: Der Verein Barrierefreies Festival e.V. würde im September das Lollapalooza Festival in Berlin besuchen und hier dafür sorgen, dass Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte und andere Zielgruppen mit einer Einschränkung ohne Hindernisse das Gelände „betreten“ könnten und sich gut zurecht finden würden. Alles in allem wollten sie für diese Leute einen tollen und entspannten Tag mit guter Musik und ordentlich Party organisieren. Das gefiel uns gut! Bei Party waren wir ohnehin immer dabei. Außerdem war ich, Lea, ja auch auf Barrierefreiheit angewiesen. Warum sollten wir also nicht einfach alle das Festival besuchen? Sicherlich könnten wir gegenseitig voneinander profitieren. Das war also geklärt. Langsam aber sicher stieg die Aufregung …
Die Vorbereitung
In diesem Punkt ist das Festival in der Hauptstadt absolut vorbildlich, denn es gibt eine App, die über alle Künstler, Bühnen, Parkplätze und eben auch über die barrierefreien Zugänge informiert. An sich eine super Sache! Nur leider ist die App mit neueren Handys und Tablets nicht kompatibel. Und so konnte sich nur die Hälfte unseres Dous diese doch sehr nützliche Hilfestellung, es war schließlich auch eine Karte des gesamten Geländes enthalten, herunterladen. Schade eigentlich! Eine so gute Idee nicht zu Ende gedacht! Da musste wohl wieder auf den herkömmlichen Internetbrowser zurückgegriffen werden …
5 Fakten über das Lollapalooza Festival
Das Festival fand in diesem Jahr im Berliner Olympiastadion und dem daran angrenzenden Olympiapark statt.
Das Festival erstreckte sich über zwei Tage, Samstag, den 08.09.2018 und Sonntag, den 09.08.2018. Pro Tag befanden sich etwa 85.000 Besucher auf dem gesamten Gelände. Das sind etwa doppelt so viele wie im Jahr 2015.
Auf vier verschiedenen Bühnen sorgten über 45 Künstler und Bands für beste Unterhaltung.
Alle diese Bühnen verfügten über einen barrierefreien Zugang und eine Rollstuhltribüne.
Auf dem gesamten Festivalgelände war bargeldloses Bezahlen angesagt. Ein Chip, der am Festivalband befestigt war, wurde an dem entsprechenden Häuschen mit Bargeld oder Karte aufgeladen. Mit ihm wurden dann Snacks, Getränke und anderes bezahlt.
Wir besuchten das Festival am Sonntag, den 09.09.2018 im Zeitraum von 15:30 Uhr bis 20:30 Uhr. Das reichte, um einen guten Überblick über das gesamte Geschehen zu bekommen. Sowohl der Erwerb von 1-Tages-Tickets als auch der Erwerb eines Tickets für die gesamte Veranstaltung waren bei diesem Festival möglich. Wir entschieden uns für Variante Nummer eins. Diese lag preislich bei 79 €. Ein Ticket für zwei Tage war ab 139 € erhältlich. Die Begleitperson war, wie auf Festivals meist üblich, kostenlos.
Sonntagnachmittag kamen wir also auf dem Gelände an. Wir wollten schlau sein und die Citytoilette vor dem Eingang benutzen, bevor es dann gleich ins Gedränge ging. Diese war allerdings defekt und funktionierte deswegen nur mit Münzen, statt mit dem Euro-Schlüssel. Da hatte unsere liebe Landeshauptstadt Berlin wohl nicht an ihre rollende Bevölkerung gedacht!
Es gab zwei verschiedene Eingänge, A und B. Am Eingang A war dann auch der barrierefreie Eingang gelegen. Hier warteten unsere Freunde vom Barrierefreien Festival e.V. und ausgerüstet mit einem coolen Schlüsselband vom Verein, dem Merkzeichen „barrierefrei“ und den Kontaktdaten für Fragen während der Veranstaltung, konnte es dann weitergehen. Das Merkzeichen befähigte zur Benutzung aller barrierefreien Bühnen.
Im Getümmel angekommen, fiel eine Sache sofort auf: Dieses Festival war so Mainstream und so alternativ zugleich. Die Menschenmasse erschlug uns und es spielten große, bekannte Bands, gleichzeitig wurde hier aber auch viel auf Umwelt und die Nähe zur Natur gesetzt, es gab Modenshows und jede Menge Artistik. Auch das bargeldlose Zahlen zeigte uns, dass hier achtsam mit der Umwelt umgegangen wurde. Gute Aktion!
Zuerst suchten wir uns etwas Leckeres zu essen, nachdem wir unsere Chips mit Bargeld aufgeladen hatten. Die Auswahl hier war groß genug! Schon jetzt lauschten wir der Musik und sahen gespannt zu, was alles um uns geschah. Hier wusste man gar nicht, wo man zuerst hingucken sollte!
Dann machten wir uns daran, das Gelände ganz genau unter die Lupe zu nehmen. Wie war der Untergrund beschaffen? Wo waren die rollstuhlgerechten Toiletten? Wie würde man zu den Bühnen gelangen? Wo waren Stufen und wie konnte man diese umgehen? Wie gut oder schlecht war die Wegweisung? Welche Attraktionen gab es?
Diese und viele weitere Fragen beschäftigten uns jetzt. Wir möchten nun nicht zu weit ausholen und euch möglicherweise noch mit zu vielen Details langweilen. Deshalb sind im Folgenden alle unsere Vor-und Nachteile in kurzer, knackiger Form aufgelistet:
Vorteile Lollapalooza 2018
meist ebenerdiger Untergrund (Asphalt, gut befahrbare Wiese oder Feldweg)
barrierefreie Zugänge zu allen Bühnen inkl. Rollstuhltribünen
keine unnötigen Kabelabdeckungen, die sonst für Rollstuhlfahrer nur Barrieren darstellen
gute, saubere Behindertentoiletten (mit Zahlencode von der Information zu öffnen)
kurze Wege zu den Toiletten
guter Service durch den Verein Barrierefreies Festival e.V.
App mit allen wichtigen Informationen zur Barrierefreiheit gefüllt
keine Mehrkosten durch nötige Begleitperson
tolle Atmosphäre
gute Musik und Shows
bargeldloses Zahlen als neuer, unterstützenswerter Trend
Nachteile Lollapalooza 2018
nicht ausreichende bis fehlende Beschilderung à erschwerte Orientierung
App nicht für alle Geräte nutzbar
Keine Sitzgelegenheiten für Gehbehinderte oder Begleitpersonen
Kameraleute versperrten während Konzert durch ständiges hin- und herlaufen vor der Rollstuhltribüne extrem die Sicht
Kaum bis gar keine Angebote für Seh- oder Hörgeschädigte
Alles in allem konnten wir einen sehr spannenden Tag inmitten der verschiedensten Menschen erleben. Auch viele Rollstuhlfahrer waren hier. Beim Konzert von Imagine Dragons wurde, trotz ziemlich eingeschränkter Sicht, richtig abgefeiert! Was hatte man sich nur dabei gedacht, das Kamerateam ausgerechnet hier zu platzieren?
Für Rollstuhlfahrer ist das Festival wahrscheinlich eines der Zugänglichsten in ganz Deutschland. Für Menschen mit anderen Einschränkungen wird hier allerdings wenig geboten. Das muss sich ändern!
Wir für unseren Teil bedanken uns jedenfalls für ein abwechslungsreiches Programm unter vielen verschiedenen Menschen, die tollen Einblicke mit der tollen Location und natürlich auch für die gute Musik.
Bis zum nächsten Festival-Crashtest …
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